„Sport muss viele Herausforderungen meistern“

    Neuss-Grevenbroicher Zeitung vom 4. April 2019, von Volker Koch

    Interview mit Wilhelm Fuchs:

    17 Jahre stand Wilhelm Fuchs an der Spitze des Stadtsportverbandes Neuss, am Dienstag soll Meinolf Sprink sein Nachfolger werden.

    Am Dienstag geht eine Ära im Neusser Sport zu Ende. Nach 17 Jahren als Vorsitzender des Stadtsportverbandes (SSV) stellt sich Wilhelm Fuchs (77) nicht mehr zur Wahl. Als Nachfolger wird er Meinolf Sprink (60), Direktor Fans und Soziales beim Fußball-Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen und seit vergangener Woche 2. Vorsitzender des Tennisclubs Grün-Weiss Neuss, vorschlagen. Die NGZ sprach mit dem scheidenden und dem designierten neuen Vorsitzenden der Interessenvertretung von rund 120 Sportvereinen mit knapp 34.000 Mitgliedern vorab über den Staffelwechsel.

    Herr Fuchs, was hat Sie bewogen, nicht mehr für ein Amt zu kandidieren, dass Ihnen doch offensichtlich am Herzen liegt?

    Wilhelm Fuchs: Eigentlich hatte ich gedacht und gesagt, dass 15 Jahre Vorsitzender genug sind. Aber ich habe gelernt, dass es zu einem guten Management gehört, erst dann zu gehen, wenn die Nachfolge gesichert ist.

    Das ist jetzt der Fall?

    Fuchs: Das ist jetzt der Fall, nachdem Meinolf Sprink erst einmal ein Jahr als Referent für Kommunikation in unsere Vorstandsarbeit hineingeschnuppert hat. Und weil das Amt des Vorsitzenden in diesem Jahr ohnehin turnusmäßig zur Wahl steht, ist das ein guter Zeitpunkt, um eine Verjüngung des Vorstandes vorzunehmen.

    Wenn ein Sechzigjähriger ein Vorstandsamt übernimmt, gilt das heutzutage schon als „Verjüngung“...

    Fuchs: Es ist Zufall, aber Meinolf Sprink ist genau so alt wie ich war, als ich zum ersten Mal gewählt worden bin. Und wir haben den Vorstand ja schon auf anderen Positionen verjüngt und werden das am Dienstag fortsetzen.

    Herr Sprink, was reizt einen Mann, der im Profi-Fußball zu Hause und das Arbeiten mit professionellen Strukturen gewöhnt ist, sich ehrenamtlich für den Stadtsportverband Neuss zu engagieren?

    Meinolf Sprink: Ich komme aus dem Sport, und zwar dem ehrenamtlich organisierten, ich hatte fast mein gesamtes Berufsleben mit Sport zu tun und Sport ist immer ein Kernthema für mich gewesen. Deshalb habe ich für mich beschlossen, dem Sport etwas zurückzugeben. Und vor zwei Jahren ist in einem persönlichen Gespräch mit Wilhelm Fuchs die Idee gereift, das beim Stadtsportverband Neuss zu tun. Was ich mir da aufhalse, ist mir bewusst, denn Wilhelm Fuchs hat in den vergangenen 17 Jahren Meilensteine gesetzt. Und was den von Ihnen skizzierten scheinbaren Widerspruch zu meiner beruflichen Tätigkeit anbelangt: Ich bitte darum, meine Person nicht auf die Fußball-Bundesliga zu reduzieren. Ich kenne den Sport auf allen Ebenen und aus vielen verschiedenen Blickwinkeln, und das werde ich versuchen, in mein neues Amt einzubringen. (lacht) Aber erst einmal muss ich ja überhaupt gewählt werden...

    Wie sieht es denn mit Ihrer zeitlichen Verfügbarkeit aus?

    Sprink: (lacht) Ich werde deswegen jetzt nicht in Rente gehen ... Einer der Meilensteine von Wilhelm Fuchs, von denen ich eben gesprochen habe, war ja die Installation eines hauptamtlichen Geschäftsführers. Und solche Hauptamtlichkeit erleichtert natürlich die ehrenamtliche Vorstandstätigkeit, das ist ein Modell, das auch für immer mehr Vereine immer wichtiger wird. Darüber hinaus verfügen wir inzwischen über ganz andere Kommunikationsmittel als früher, so dass man eigentlich überall erreichbar ist und miteinander kommunizieren kann.

    Welches sind denn Ihrer Meinung nach die sportpolitischen und sportlichen Themen, mit denen Sie sich im Falle Ihrer Wahl zu beschäftigen haben?

    Sprink: Der Sport hat in der nächsten Zeit unglaublich viele Herausforderungen zu meistern. Eine der wichtigsten wird sein, ob es der Sport überhaupt noch schafft, sich weiterhin in den vorhandenen Strukturen zu organisieren. Wo bekommen wir noch Menschen her, die bereit sind, sich ehrenamtlich zu engagieren, vor allem junge Menschen? Wie können Organisationen wie Sportbünde oder -verbände dabei helfen, indem sie dank hauptamtlicher Strukturen Vereinsaufgaben übernehmen, damit sich Ehrenamtler wirklich auf ihr Ehrenamt und ihre Rolle als Entscheider konzentrieren können? Wie können Vereine sich da gegenseitig unterstützen? Ich halte das für gesamtgesellschaftlich wichtige Fragen, denn der Sport erfüllt eine wichtige Funktion in unserem Gemeinwesen über den bloßen Gesundheits- oder Fitnessaspekt hinaus. Nehmen Sie doch mal Neuss – ohne ihre Sportvereine wären viele Stadtteile doch um einiges ärmer.

    Herr Fuchs, was hat der Stadtsportverband in den vergangenen 17 Jahren erreicht?

    Fuchs: Als Sie mich vor 17 Jahren zum Interview gebeten haben, haben Sie als Überschrift ein Zitat von mir verwendet: „Der Sport in Neuss hat keine Lobby.“ Das würde ich heute so nicht mehr sagen. Der Sport in Neuss hat in den vergangenen Jahren einen ganz anderen Stellenwert bekommen, das äußert sich ja auch in den Investitionen, die in diesem Bereich aktuell getätigt werden. Ob das ein Verdienst des Stadtsportverbandes ist oder an handelnden Personen wie zum Beispiel Bürgermeister Reiner Breuer oder einigen Politikern liegt, mögen andere beurteilen.

    Welche Rolle spielt dabei der Sportausschuss?

    Fuchs: Ich würde mir wünschen, dass er mehr ein Gesamtkonzept für den Sport in dieser Stadt im Auge hätte und nicht so sehr Einzelinteressen von Stadtteilen oder Vereinen verfolgt.

    Was würden Sie denn in dieses Gesamtkonzept hineinschreiben?

    Sprink: Ich persönlich würde mir wünschen, dass wir in Neuss über eine Halle verfügen, die den Anforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht wird.

    Womit wir beim Thema Leistungssport angelangt wären. Wie sehen Sie den in Neuss aufgestellt?

    Fuchs: Leistungs- und Breitensport bedingen sich gegenseitig, das ist mehr als ein sportlicher Allgemeinplatz. Was die so genannten Nischensportarten angeht, sind wir in Neuss gar nicht mal so schlecht aufgestellt: Rudern, Voltigieren, Hockey, Damen-Basketball. Insgesamt könnte das Klima für den Leistungssport aber besser sein.

    Sprink: Sport lebt von seinen „Leuchttürmen“ – und davon haben wir in Neuss eindeutig zu wenig.

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