



- Welche Bedeutung messen Sie dem “Neusser Sport” im gesellschaftlichen Leben der Quirinusstadt zu?
Sport hat für mich einen unschätzbaren Wert im gesellschaftlichen Leben unserer Stadt. Er verbindet Menschen – über Generationen, Herkunft und soziale Unterschiede hinweg. Gerade im Mannschaftssport sehe ich ein großes Potenzial, Zusammenhalt und gegenseitige Rücksichtnahme zu fördern. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich Kinder und Jugendliche auf dem Sportplatz sehe – nicht vor Bildschirmen, sondern draußen, gemeinsam in Bewegung.
Auch wenn ich selbst eher Einzelsportarten wie Yoga oder Klettern bevorzuge, weiß ich aus eigener Erfahrung, wie viel Sport zur physischen und psychischen Ausgeglichenheit beitragen kann. Sport stärkt nicht nur den Körper, sondern auch das Selbstbewusstsein und die Lebensfreude – ganz unabhängig vom Alter oder sportlichen Ehrgeiz.
Was mich besonders beeindruckt: Hinter dem “Neusser Sport” stehen unzählige Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren – als Trainer, Organisatoren oder Unterstützer im Hintergrund. Dieses Engagement ist ein wertvoller Pfeiler unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts. Als Bürgermeisterin möchte ich dieses Ehrenamt stärken und entlasten, wo immer es möglich ist.
- Wo sehen Sie den “Neusser Sport” organisatorisch im Jahre 2030? Wie stehen Sie einem über den SSV Neuss gesteuerten „Service-Center“ (Arbeitstitel) für die Neusser (Sport-)Vereine gegenüber, um gerade die ehrenamtlichen Vorstände vor dem Wust von Auflagen/organisatorischen Aufgaben zu entlasten und Synergieeffekte für die Vereine zu heben?
Die Idee, ehrenamtlich geführte Vereine organisatorisch zu entlasten und Synergieeffekte zu schaffen, halte ich für absolut richtig – gerade angesichts der zunehmenden Komplexität von Vorschriften, Anträgen und Verwaltungsaufgaben. Der Gedanke eines Service-Centers ist daher grundsätzlich sinnvoll und verdient Unterstützung.
Allerdings ist das kein ausschließlich Neusser Thema. Die rechtlichen Grundlagen sind landesweit vergleichbar, die Herausforderungen ähneln sich überall. Daher sehe ich die Gefahr, dass an vielen Stellen parallel ähnliche Strukturen aufgebaut werden, statt vorhandene Lösungen zu nutzen oder gemeinsam tragfähige Modelle zu entwickeln.
Mein Ansatz wäre deshalb: Zunächst prüfen, welche unterstützenden Strukturen es bereits auf Landes- oder Bundesebene gibt. Falls es keine praxistaugliche Lösung gibt, könnte ein Neusser Modell als Pilotprojekt konzipiert werden – gemeinsam mit dem Stadtsportverband und im Austausch mit anderen Kommunen, dem Landessportbund NRW und ggf. auch Ministerien. Ziel wäre dann nicht nur eine lokale, sondern eine übertragbare Lösung, die langfristig Ehrenamtliche in ganz NRW spürbar entlastet.
- Wo sehen Sie den “Neusser Sport” infrastrukturell im Jahre 2030? Welche Rolle spielt dabei für Sie die Fortschreibung und Weiterentwicklung des „Sport-Entwicklungsplan“ der Stadt Neuss sowie die „AG Sportentwicklung“?
Ich sehe die Neusser Sportinfrastruktur im Jahr 2030 als einen gezielt modernisierten Bestand mit klarer Schwerpunktsetzung: dort, wo Sanierung wirtschaftlich und sportlich sinnvoll ist – und nur dort, wo es nötig ist – etwaige Neubauten oder Um- und Aufwertungen. Barrierefreiheit ist dabei Standard, ebenso wie eine gute Erreichbarkeit – entweder wohnortnah oder mit sinnvollen Verkehrsverbindungen, wie ich sie aus meiner Jugendzeit etwa beim Eislaufen in Neuss trotz Wohnort in Kaarst kennengelernt habe.
Für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Entwicklungsprozesses halte ich die Rolle des Sportentwicklungsplans ebenso für zentral wie den Zusammenschluss in der AG Sportentwicklung. Nur so lassen sich Prioritäten sinnvoll vergeben und Fördermittel strukturiert einsetzen – etwa für bestehende Bezirkssportanlagen, bei denen dringender Sanierungsbedarf besteht. Die Erfahrung zeigt, dass Stadt und Vereine nur über abgestimmte und moderierte Prozesse nachhaltig erfolgreiche Projekte umsetzen können.
In meinen Augen sollte Neuss weiter an diesem Ansatz festhalten: Sportinfrastruktur muss bedarfsgerecht strukturiert, nicht überdimensioniert vorgehalten und langfristig tragfähig sowie barrierefrei sein.
- Wie sehen Sie vor dem Hintergrund angespannter finanzieller Rahmenbedingungen die Zukunft der Neusser Bezirkssportanlagen (Anzahl), der Bäderlandschaft (Anzahl und Standort), der Eissporthalle (Sanierung, Neubau oder Wegfall) sowie der Sporthallen, die natürlich stark im Schulbetrieb zudem genutzt werden?
Auch unter angespannten finanziellen Bedingungen bleibt der Sport eine zentrale Aufgabe der Stadt – gerade weil er für Gesundheit, Integration und Bildung eine große Rolle spielt. Für mich gilt: Investitionen in Sportinfrastruktur müssen sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Bürger orientieren – nicht an Maximalforderungen, aber auch nicht am Rotstift allein.
Die Eissporthalle ist für viele Neusserinnen und Neusser ein zentraler Ort der Freizeitgestaltung und der Identifikation – das gilt auch für mich persönlich. Ob Sanierung oder Neubau: Ich halte es für unbedingt notwendig, dass die Eissporthalle am bestehenden, gut erreichbaren Standort erhalten bleibt.
Bei den Schwimmbädern ist es mir wichtig, dass jedes Kind in Neuss sicher schwimmen lernen kann. Eine flächendeckende Bäderlandschaft ist dabei kein Selbstzweck – entscheidend sind Erreichbarkeit, pädagogischer Nutzen und funktionale Ausstattung. Luxusbäder mit Wellness-Charakter halte ich für entbehrlich; was wir brauchen, sind funktionale, sichere und bezahlbare Schwimmmöglichkeiten – für Schulen, Vereine und Familien.
Bezirkssportanlagen müssen mittelfristig auf den Prüfstand: Wenn mehrere Anlagen in direkter Nähe zueinander liegen oder dauerhaft unterausgelastet sind, sollten Zusammenlegungen nicht ausgeschlossen werden. Die Qualität der Nutzung ist wichtiger als die reine Anzahl der Standorte.
Sporthallen, die sowohl für den Schulsport als auch für den Vereinssport gebraucht werden, müssen in besonderer Weise geschützt und modernisiert werden. Sie sind doppelt belastet und deshalb auch doppelt wichtig.
- Welche Bedeutung soll der “Neusser Sport” im Hinblick auf die Integration und die Inklusion spielen?
Sport hat eine besondere Kraft, Menschen miteinander zu verbinden – ganz unabhängig von Sprache, Herkunft oder körperlichen Voraussetzungen. Deshalb sollte er eine aktive Rolle in der Integrations- und Inklusionsarbeit in Neuss spielen.
Ich glaube an pragmatische Lösungen, die wirklich funktionieren – und nicht nur gut gemeint sind. Das bedeutet für mich konkret: Angebote müssen zugänglich sein, Trainer brauchen Unterstützung im Umgang mit heterogenen Gruppen, und es darf keine Barrieren geben – weder baulich noch organisatorisch.
In den letzten Wochen hatte ich Gelegenheit, bei verschiedenen Veranstaltungen mit inklusivem oder integrativem Fokus dabei zu sein – unter anderem bei einem inklusiven Tennisturnier und einem Sportfest mit gemischten Fußballmannschaften. Das hat mir eindrucksvoll gezeigt, was möglich ist, wenn Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam aktiv sind.
Als Bürgermeisterin möchte ich, dass wir solche Initiativen sichtbar machen, bestehende Hürden abbauen und gemeinsam mit dem Stadtsportverband und den Vereinen daran arbeiten, dass Sport in Neuss ein Raum bleibt, in dem alle mitspielen können – im besten Sinne des Wortes.
- Welche Rolle spielt für Sie die Förderung des hiesigen leistungsorientierten Sports mit seinen Vorbildern wie Hockey, Tennis, Ringen, Schwimmen oder Voltigieren? Betrachten Sie in diesem Kontext die Stadt Neuss als eine „sportliche Stadt“ oder eine „Sportstadt“?
Leistungssport hat in Neuss Tradition – ob im Hockey, im Ringen, im Tennis oder anderen Disziplinen. Ich finde es beeindruckend, wie viele Sportler aus Neuss auf hohem Niveau aktiv sind. Sie können Vorbilder sein, gerade für junge Menschen, die sehen: Mit Disziplin, Leidenschaft und Unterstützung lässt sich viel erreichen.
Gleichzeitig sollte Leistungssport nicht isoliert gedacht werden. Entscheidend ist, dass die Förderung dort ansetzt, wo sie langfristig auch dem Nachwuchs und dem Breitensport zugutekommt – etwa durch Trainingspartnerschaften, gemeinsame Infrastruktur oder Vorbildprojekte in Schulen und Vereinen. Fördergelder müssen sinnvoll, transparent und nachhaltig eingesetzt werden.
Ob Neuss eine „Sportstadt“ im engeren Sinn ist? Vielleicht nicht im klassischen Sinne von Hochleistung und Medaillenbilanz – aber ganz sicher eine sportliche Stadt, in der viele Menschen aktiv sind und in der Sport einen festen Platz im Alltag hat. Und genau das sollten wir stärken: die Breite erhalten – und gezielt Exzellenz ermöglichen, wo sie sich entwickelt.
- Welche Rolle soll und kann der Stadtsportverband Neuss im Hinblick auf etwaige neue Aufgaben samt Ausstattung für den Vereinssport und vereinsungebundenen Sport übernehmen?
Der Stadtsportverband Neuss spielt eine wichtige Rolle als Ansprechpartner und Koordinator für den organisierten Vereinssport. Diese Rolle sollte er weiterhin mit starker fachlicher Kompetenz und klarer Priorität auf Qualität ausfüllen – gerade, wenn es um die Unterstützung ehrenamtlicher Strukturen und die Zusammenarbeit mit der Stadt geht.
Beim vereinsungebundenen Sport sehe ich den SSV nicht in einer aktiven Steuerungsrolle. Sportarten wie Joggen, Yoga im Park oder Freizeitgruppen leben von ihrer Niedrigschwelligkeit – gerade, weil sie eben nicht organisiert sind. Diese Offenheit sollten wir erhalten und nicht durch zusätzliche Strukturen erschweren.
Statt den SSV mit immer neuen Aufgaben zu überfrachten, sollten wir ihn in seinem Kerngeschäft stärken – damit er genau dort Wirkung entfalten kann, wo er am meisten gebraucht wird: bei der Unterstützung der Neusser Sportvereine.
- Das Projekt „Neuss macht mobil“ – Mobilitätscheck an den Neusser Schulen in der 2. und 5. Klasse – wird allgemein als vorbildlich eingestuft. Es wird immer gefordert, dass die Erkenntnisse noch besser in Schulen etc. genutzt werden. Wie ist Ihre Einschätzung?
Ich halte „Neuss macht mobil“ für ein ausgesprochen sinnvolles Projekt – gerade weil es frühzeitig ansetzt und die motorische Entwicklung von Kindern nicht dem Zufall überlässt. Ich erlebe täglich, wie entscheidend ein aktiver Lebensstil für die Gesundheit ist. Wer sich früh bewegt, schafft die Grundlage für ein gesundes und selbstbestimmtes Leben – im Kindesalter genauso wie im Alter.
Bewegungsauffälligkeiten oder motorische Schwächen müssen ernst genommen werden – nicht als Makel, sondern als Chance zur gezielten Unterstützung. Wir sind es jedem Kind schuldig, ihm die besten Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung zu bieten. Denn Gesundheit ist nicht nur die Basis für Wohlbefinden, sondern auch für schulischen und beruflichen Erfolg – und Sport spielt dabei eine zentrale Rolle.
Sport und Bewegung dürfen in der Schule nicht zweitrangig behandelt werden. Sie verdienen denselben Stellenwert wie Mathe oder Deutsch. Und wer hier Unterstützung braucht, sollte sie genauso selbstverständlich bekommen wie bei Lernschwierigkeiten. Ich würde es sehr begrüßen, wenn die Ergebnisse aus „Neuss macht mobil“ konsequent in die schulische Arbeit einfließen – nicht als Extra, sondern als Teil des Bildungsauftrags.
- Ist Sport für Sie auch Stadt- und Standortmarketing? Wie betrachten Sie in diesem Kontext Großveranstaltungen wie den Sommernachtslauf, die Tour de Neuss oder den QuirinusCup und deren Förderung durch kommunale Mittel/Hilfestellungen?
Großveranstaltungen wie der Sommernachtslauf, die Tour de Neuss oder der QuirinusCup haben sich längst einen festen Platz im Neusser Veranstaltungskalender erarbeitet. Ich war selbst beim Sommernachtslauf – trotz strömenden Regens – und werde auch bei der Tour de Neuss dabei sein. Diese Events bringen Menschen zusammen, schaffen Atmosphäre und zeigen: Neuss ist sportlich aktiv.
Trotzdem ist mir wichtig: Sportförderung darf sich nicht auf punktuelle Highlights beschränken. Regelmäßigkeit, Verlässlichkeit und breite Zugänglichkeit sind der Schlüssel für eine gesunde Sportkultur. Deshalb würde ich als Bürgermeisterin immer dafür sorgen, dass die Basisarbeit – in den Schulen, in den Vereinen, in der Ausbildung von Übungsleitern – Vorrang hat.
Aber: Wenn durch Großveranstaltungen Aufmerksamkeit auf den Sport gelenkt wird, neue Menschen in Bewegung kommen oder der Vereinsnachwuchs gestärkt wird, dann kann das eine wertvolle Ergänzung sein. Voraussetzung für eine kommunale Unterstützung ist für mich, dass diese Events transparent organisiert sind, keinen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen und möglichst vielen Menschen zugutekommen.
- Welche Rolle spielt Sport in Ihrem Leben?
Sport hat in meinem Leben immer eine wichtige Rolle gespielt – in ganz unterschiedlichen Formen und Lebensphasen. Als Kind war ich im Geräteturnen, habe Handball gespielt, bin voltigiert und geritten – zuerst auf dem Nixhof in Neuss, später im Reitverein in Büttgen. Das war nicht nur Bewegung, sondern auch Gemeinschaft und Verantwortung.
Heute liegt mein Schwerpunkt auf Yoga, Acro Yoga und Free Climbing. Gerade beim Klettern spüre ich, wie sehr Sport den Kopf frei macht. Yoga begleitet mich im Alltag und hilft mir, auch in stressigen Phasen fokussiert und bei mir zu bleiben.
Sport bedeutet für mich nicht nur Fitness – er ist für mich auch Ausgleich, Kraftquelle und Lebensfreude.